Kunst & Kultur im ehemaligen Frauengefängnis
Zwischen hochherrschaftlichen Villen und üppig blühenden Gärten Lichterfeldes befindet sich das 1906 erbaute ehemalige Frauengefängnis. Zwischen Amtsgericht und einer Schule gelegen, ragt das dreistöckige, noch immer prunkvolle Gebäude in den blauen Sommerhimmel. Vogelgezwitscher. Sonst herrscht sonntägliche Ruhe. Wir stehen vor dem großen grauen Stahltor und hoffen, dass die Angabe auf Facebook aktuell ist und wir um 16.00 Uhr Einlass gewährt bekommen.
Ein Handwerker ist so nett und lässt uns herein. Wir sprechen eine Frau an, die gerade zielstrebig den L-förmigen Zellentrakt ansteuert. Unsere Frage, ob das Gefängnis heute zu besichtigen sei, konnte sie uns nicht beantworten. Sie wohne hier. Sie wohnt hier?
Wie wäre es mit einer Nacht im Gefängnis?
Seit April 2016 tut sich was im ehemaligen Frauengefängnis Lichterfelde. Der Münchner Kulturmanager Jochen Hahn verliebte sich in das leerstehende Gebäude, unterschrieb einen 40-jährigen Erbpachtvertrag und plant nun, aus dem geschichtsträchtigen Häuserensemble im Villengebiet etwas Großartiges zu machen. Nach ersten Renovierungsarbeiten gab es schon Ausstellungen und Lesungen in der neuen Kulturstätte SOEHT 7, es wurden Filme gedreht, Künstlerateliers und einzelne Zellen zum Übernachten hergerichtet.
Wir folgen der temporären Knastbewohnerin, die uns freudig berichtet, wie cool es sei, hier zu wohnen. Es sei ein Kommen und Gehen, ganz unterschiedliche Gäste träfen sich auf den Gängen des Lichthofs, verschwänden in den Zellen. Wir schauen uns um, fühlen uns wie in einem Film, versuchen uns vorzustellen, wie es hier früher zuging. Ein Gefängnis nur für Frauen. Es gibt sogar eine Bad Girl Zelle, doppelt gesichert und ebenfalls buchbar. Gemeinschaftsduschen und Toiletten befinden sich auf dem Gang. Ein bisschen bedrückt uns die Stimmung auf den Stockwerken. Die Zellen sind zwar offen, die dicken Riegel aufgeschoben und durch die kleinen Fenster fallen Lichtstrahlen in die 8 Quadratmeter großen Räume, doch die Schicksale der Frauen, die hier untergebracht waren – warum auch immer – sind noch spürbar. Oder auch nicht und nur unsere Fantasie geht mit uns durch.
Location Scouts aufgepasst! Für Film- und Fotoproduktionen und Veranstaltungen aller Art ist die SOEHT 7 ideal. Es gibt außer dem dreistöckigen Lichthof noch andere beeindruckende Gebäudeteile mit Küche, einem großen Saal mit Parkett und anderen nutzbaren Räumen. Auf der Webseite findet Ihr alle weiteren Informationen wie Veranstaltungskalender, Geschichte, Grundrisse der Location und Kontaktformulare.
Über Pfingsten (3.– 5. Juni 2017) findet im ehemaligen Frauengefängnis ein mehrtägiges Kulturprogramm mit der Fotoausstellung »Peter Hahn – Fotoblues in 23 Zellen«, Lesungen u.a mit Katharina Wackernagel, Theater-Performances und zahlreichen Konzerten und Klanginstallationen, statt. Schaut mal auf der Webseite vorbei. Oder auf Facebook.
SOEHT 7, Ehemaliges Frauengefängnis, Söhtstr. 7, 12203 Berlin