Behind the scenes – Zu Gast in der staatlichen Porzellan-Manufaktur MEISSEN
Äffchen hüpfen zwischen Weinreben umher und stehlen die süßen Trauben. Eine Szenerie, die vor unseren Augen auf einer großen Meissener Porzellanvase Gestalt annimmt. Feine Pinselstriche in einem warmen Blau aus dem hauseigenen Farblabor, werden mit ruhiger Hand der Kunsthandwerkerin auf das »weiße Gold« gebracht, während wir dabei über die Schultern schauen dürfen...
Ein ganz normaler Arbeitstag in der staatlichen Porzellan-Manufaktur MEISSEN im Triebischtal. Seit Beginn der 1860er Jahre entstehen hier in den Werkstätten edelste Porzellane in Handarbeit. Unglaublich zu sehen, wie viele Arbeitsschritte notwendig sind, um einen Teller, eine Vase, eine filigrane Figur oder Plastik herzustellen. In den Räumen der altehrwürdigen Manufakturgebäude wird gedreht, gegossen, geformt, gebrannt, modelliert, gezeichnet und wieder gebrannt. Und das seit über 300 Jahren.
Zunächst hatte die Manufaktur ihren Sitz auf der Albrechtsburg etwas oberhalb von Meißen gelegen. Erst 150 Jahre später zog die Produktionsstätte vom Hügel hinunter in die Stadt. Die Qualität des Meissener Porzellans beginnt im manufaktureigenen Bergwerk unweit von Meißen, in dem tagtäglich reinstes Kaolin abgebaut wird. Die weiße Tonerde, gemischt mit Feldspat und Quarz, ist der Schlüssel zu Qualität und Stahlkraft des Meissener Porzellans. Die Porzellanmasse an sich ergibt jedoch noch kein Kunstwerk. Erst durch die Arbeit der begnadeten Maler und Modelleure (oder Bossieret) wird jedes einzelne Stück zum Unikat und zur Rarität. Zum Teil sitzen die Kunsthandwerker mehrere Wochen an einer Arbeit, zeichnen Blumen, Muster oder ganze Szenen in einer Präzision auf das Porzellan, dass uns bereits beim Zuschauen ganz schwindelig wird.
Als erstes Markenzeichen Europas stehen die Gekreuzten Schwerter des kursächsischen Wappens seit 1722 für die Echtheit und Qualität Meissener Porzellans. Wir dürfen beim Signieren des Porzellans zuschauen. Im Haus gibt es nur zwei Damen, sogenannte Schwerterer, die befugt sind, das Logo (mit scheinbarer Leichtigkeit und beherztem Schwung) aufzubringen. Wir haben nicht gefragt, aber es müssen sehr viele Schwerter sein, die während eines Arbeitstages auf diese Weise ihren Weg auf das Porzellan finden.
MEISSEN verfügt über das weltweit größte Formenarchiv. Hier lagern rund 700.000 Formen. Es ist der weltweit älteste und größte Bestand an Modellformen für Porzellanplastiken und Tafelservice. Bis zur Decke reichen die alten Holzregale, auf denen sich die nummerierten und beschrifteten Gipsformen türmen. Ehrfürchtig schreiten wir während der Führung durch die schmalen Gänge. Es gibt sogar eine Gipsform für eine kleine Ananas, die in damaligen Zeiten eine Rarität darstellte und bis heute als Abdruckform genutzt wird.
Meissener Porzellan besticht durch kunsthandwerkliche Traditionen, kombiniert mit der Innovationskraft der Gegenwart. Künstler und Designer verschiedener Disziplinen erarbeiten gemeinsam mit den Kunsthandwerkern des Hauses immer wieder neue Konzepte und schaffen es so, die Marke MEISSEN erfolgreich in der heutigen Zeit zu etablieren. Spannend ist es zu beobachten, dass Jahrhunderte alte Formen, gepaart mit neuen (Gestaltungs)Ideen, zu etwas völlig Neuem werden können. Nicht zuletzt durch die wunderbare Arbeit der beiden Kreativdirektoren Otto Drögsler und Jörg Ehrlich, die seit 2017 für die zukünftige Ausrichtung der einzelnen Produktwelten sowie die visuelle Darstellung der Marke MEISSEN verantwortlich sind. Die beiden Designer kommen ursprünglich aus der Modebranche. Sie führen seit fast 10 Jahren das erfolgreiche Label ODEEH. Die Kooperation der Porzellan-Manufaktur mit den Gestaltern aus der Modebranche stellt ein Novum dar und bringt viel frischen und kreativen Wind nach Meißen.
Die Welt Meissens, die Marke MEISSEN, Geschichte, Tradition, Handwerk, Kunst und die vielen kreativen Geister, die an der Entstehung jedes einzelnen Stücks Porzellans beteiligt sind, könnt Ihr in der Erlebniswelt HAUS MEISSEN – Schauwerkstatt, Museum und Showroom in einem – bestaunen. Ein Besuch lohnt sich.
Vielen Dank, liebe Claudia Gulden und lieber Otto Drögsler für die wundervolle Führung durch die Manufaktur und den Blick behind the scenes.
Staatliche Porzellan-Manufaktur MEISSEN GmbH, Erlebniswelt HAUS MEISSEN, Talstraße 9, 01662 Meißen, 49 (0)35 21 468 – 206/208
Täglich geöffnet von
9.00 bis 18.00 Uhr (01.05 – 31.10.)
9.00 bis 17.00 Uhr (01.11.– 30.04.)
10.00 bis 16.00 Uhr (31.12. und 01.01.)