Zu Besuch bei Designer Sebastian Summa in den Ruthenbergschen Höfen, Berlin Weißensee
Zeitlos und leicht schwebt die Leuchte Org unter der Decke des alten Fabrikgebäudes. Mal vertikal, mal horizontal, wie ein Lichtschweif an beinahe unsichtbarer Aufhängung. Ihre Zeitreise beginnt vor einigen Jahren in der Werkstatt des Produktdesigners Sebastian Summa in Berlin.
Herzlich charmant begrüßt mich der Produktdesigner durch das offene Fenster seines Berliner Ateliers in der Lehderstraße. Gelegen an einer Straße mit altem Kopfsteinpflaster, flachen Backsteinfassaden, grün eingedeckten Dächern und großen Toren – den Ruthenbergschen Höfen, eine unter Denkmalschutz stehenden Industriesiedlung aus dem vorletzten Jahrhundert. Hier haben noch heute zahlreiche Manufakturen, Handwerker, Künstler und Designer ihre Arbeitsstätten. Kreativität liegt in der Luft.
»Wie schön, dass wir uns endlich kennenlernen«, sagt Sebastian Summa zur Begrüßung, während ich dasselbe denke. Vor vier Jahren veröffentlichte ich einen Bericht über das neu eröffnete Berliner Café LOK 6 und fotografierte das Interior für eine Fotostrecke. Damals bereits ein Hingucker – Sebastian Summas Pendelleuchte Tubular Light aus erloschenen Neonröhren und Messinghülsen, die mittlerweile unter dem Namen Org von DCW éditions aus Frankreich produziert wird.
Seit der Veröffentlichung des LOK 6-Artikels folgen Sebastian Summa und ich einander in den sozialen Medien. Endlich treffen wir uns »in echt«, trinken Kaffee, während der Designer von seiner Arbeit erzählt und mich durch die beiden Stockwerke des historischen Siedlungshäuschens führt.
Das Gebäude erzählt (s)eine ganz eigene Geschichte, ist Inspirationsquelle, ein Ort, der definitiv kreative Kraft gibt und perfekt zu Sebastian Summa passt, der Altes liebt und schätzt.
»Das Haus ist ein Fundstück und ein richtiges Geschenk«, schwärmt der Designer. »Wir haben in den letzten Monaten unzählige Wände frei gelegt, Böden geschliffen und geschafft, die Seele des Hauses zu bewahren.«
Erst vor wenigen Wochen ziehen Sebastian Summa und zwei weiter Kreative ein. Gemeinsam haben sie renoviert und teilen sich nun Werkstatt und Büro.
Altes neu interpretieren – Meine Entwürfe sind inspiriert von Industrieformen, Leuchten, Möbeln und Fundstücken. Schon in meiner Kindheit habe ich gerne Lampen aus Schrott gebastelt.
2013 benutzt Sebastian Summa erloschene Neonröhren, um eine Lampe für ein Berliner Café zu bauen. Hinterleuchtet mit LED-Technik und beide Enden umhüllt mit Messinghülsen, entsteht die »Tubular Light«. Den Tresen baut er aus Küchenbuffets aus den 1950er Jahren – ein kreatives Interior im Upcycling Style – eines der Lieblingsthemen des Designers. 2017 hängt die Leuchte auch im LOK 6, wo ich ihr das erste Mal begegne.
Dass die Röhrenlampe von damals heute Org heißt und inzwischen in den angesagtesten Locations und schicksten Häusern und Wohnungen weltweit zu finden ist, verdankt Sebastian Summa einem schönen Zufall.
»Bei einer Weihnachtsfeier unserer Ateliergemeinschaft, ich glaube es war 2018, versteigerte ich den Prototyp meiner Tubular Light. Leider nur für 400,00 €. Was etwa dem Materialwert entsprach. Etwas enttäuscht war ich schon«, erzählt der Designer. »Der glückliche Käufer war ein Hotelier. Immerhin, dachte ich, dann bekommt meine Leuchte eine öffentliche Bühne.« Sebastian Summa lehnt sich zurück und lacht: »Er hat die Lampe bei sich zu Hause aufgehängt...«
Schade, denke ich mitfühlend.
»Die Geschichte ging ja weiter«, erzählt der Designer. »Die für den Hotelier arbeitende Innenarchitektin suchte kurz darauf bei DCW éditions in Frankreich Lampen für ein Projekt aus. Sie zeigte Handy-Fotos als Mood-Bilder für den gewünschten Stil des Hoteliers. Darunter ein Foto vom Wohnzimmer des Hoteliers mit der im Raum schwebenden Tubular Light. Der anwesende Chef des französischen Herstellers interessierte sich mehr für die Röhrenleuchte als für den ins Haus stehenden Auftrag. Mein Glück und der Beginn einer wunderbaren Zusammenarbeit«, freut sich Sebastian Summa.
Seit 2019 produziert und vertreibt DCW éditions die Tubular Light als Org Vertikal, Horizontal und als Wandlampe. Die Zeitreise, begonnen im Berliner Atelier, wird weiterhin ihren hellen Lichtschweif hinter sich herziehen, denn inzwischen ist die dritte Lampe des Designers für das französische Unternehmen in Planung. Schön.
Sebastian Summa, Atelier Lehderstr. 80, 13086 Berlin,Tel: 0157 78944285 & Instagram